Auf dem Foto sieht man ein Kiosk-Regal mit Zeitungen

ME/CFS und Long COVID: Bericht zu Prävalenz und Kosten in Deutschland veröffentlicht

07 Fatigatio e.V. Aktuelles

Ein neuer Bericht der ME/CFS Research Foundation in Zusammenarbeit mit Risklayer zeigt eindrucksvoll, welche massiven gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) und Long COVID in Deutschland haben. Wir stellen die Ergebnisse der Studie hier vor.


Zentrale Zahlen und Erkenntnisse

  • Mehr als 1,5 Millionen Menschen leben laut Modellierung Ende 2024 in Deutschland mit ME/CFS oder Long COVID.
  • Davon sind 650.183 Menschen an ME/CFS erkrankt – viele davon als Folge einer COVID-19-Infektion.
  • Die Gesamtkosten für Deutschland durch beide Erkrankungen beliefen sich im Zeitraum 2020–2024 auf über 250 Milliarden Euro.
  • Allein im Jahr 2024 entstanden 63,1 Milliarden Euro Kosten – das entspricht 1,5 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
  • Die monatlichen Kosten sind seit rund 20 Monaten konstant hoch – ein Rückgang ist nicht in Sicht.

Was bedeutet das konkret für Betroffene und die Gesellschaft?

ME/CFS ist eine schwere chronische Multisystemerkrankung, die oft zu vollständiger Arbeitsunfähigkeit führt. Die Genesungsrate liegt bei nur etwa 5 % pro Jahr. Viele Betroffene sind langfristig auf Pflege und soziale Unterstützung angewiesen. In Kombination mit Long COVID stellt ME/CFS eine der größten unbeachteten Volkskrankheiten unserer Zeit dar – mit gravierenden Folgen für die Lebensqualität, das Gesundheitssystem und die Wirtschaft.

Die Forschungsausgaben stünden in keinem Verhältnis zum Schaden, so die ME/CFS Research Foundation. Jörg Heydecke, Geschäftsführer der Organisation und Co-Autor der Studie, erklärt in der Pressemitteilung zum Bericht:
„Dem errechneten Schaden von 63 Milliarden Euro stehen derzeit nur ca. 15-20 Millionen Euro jährlich an öffentlicher Förderung für Diagnostik- und Therapieforschung gegenüber. Das ist weder medizinisch noch ökonomisch zu rechtfertigen. Ein gezielter und nachhaltiger Ausbau der biomedizinischen Forschung könnte schon in wenigen Jahren erhebliche Kosten vermeiden – und hunderttausenden Betroffenen neue Lebens- und Arbeitsperspektiven ermöglichen.“

Warum ist das neu?

Erstmals liegt mit dem Bericht ein ganzheitliches Modell vor, das nicht nur Fallzahlen, sondern auch die konkreten wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Kosten detailliert berechnet. Grundlage dafür ist eine korrigierte Erfassung der tatsächlichen SARS-CoV-2-Infektionen, die um ein Vielfaches höher liegt als die offiziellen Zahlen.

Welche Handlungsempfehlungen lassen sich daraus schließen?

 

1. Anerkennung und Sichtbarkeit erhöhen
ME/CFS muss als schwere chronische Erkrankung auf allen politischen Ebenen anerkannt werden – ähnlich wie andere Volkskrankheiten.

2. Versorgung verbessern
Derzeit fehlen flächendeckend spezialisierte Anlaufstellen, Behandlungsoptionen und qualifizierte Mediziner:innen. Es braucht dringend ein bundesweites Versorgungsnetz.

3. Forschung massiv ausbauen
ME/CFS ist medizinisch nach wie vor untererforscht. Der Staat muss gezielt Forschung fördern, um Ursachen, Diagnostik und Therapieansätze zu entwickeln.

4. Soziale Absicherung garantieren
Viele Betroffene fallen durch das Raster von Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Es braucht barrierefreie Zugänge zu Sozialleistungen.

5. Aufklärung und Schulung vorantreiben
Gesundheitspersonal, Behörden und Gesellschaft müssen über ME/CFS informiert und geschult werden, um Stigmatisierung und Fehldiagnosen zu vermeiden.

Fazit:
ME/CFS und Long COVID sind kein Randphänomen, sondern ein strukturelles Problem mit hohen Kosten – für jeden Einzelnen und für das Land insgesamt. Daher ist es Zeit, Betroffene auf allen Ebenen zu unterstützen und dass seitens der Politik Verantwortung übernommen wird.


Methodik der Studie

Die Studie nutzt Daten aus Notaufnahmen, Intensivstationen, Abwassermessungen und internationalen Forschungen, um gesellschaftliche Schäden durch Katastrophen zu berechnen. Dabei werden medizinische, wirtschaftliche und soziale Folgen berücksichtigt. Zusätzlich flossen Meinungen von Fachleuten und Betroffenen sowie Beiträge internationaler Universitäten in die Analyse ein.

Weitere Infos auf der Website der ME/CFS Research Foundation.

Vorstellung der Ergebnisse auf dem ME/CFS Symposium 2025 auf YouTube ansehen.