Warum die Regionalgruppe Hamburg des Fatigatio e.V. den CDU-Antrag zur Versorgungslage unterstützt
„Ich war Anfang 30, als ich nach einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus einfach nicht mehr auf die Beine kam. Mein Alltag bestand plötzlich aus Schmerzen, Erschöpfung und Reizempfindlichkeit. Jede Aktivität – ob körperlich oder geistig – führt zu einer Verschlechterung und morgens wache ich jeden Tag wie erschlagen auf. Es hat drei Jahre gedauert, bis ich die Diagnose ME/CFS von einem Privatarzt bekam. Kassenärzte zuckten nur mit den Schultern und sagten, sie würden sich damit nicht auskennen, ich sei austherapiert oder solle einfach mal Urlaub machen. Bis heute gibt es in Hamburg keine Anlaufstelle für gesetzlich Versicherte, die mir wirklich helfen kann. Und obwohl ich kaum noch am Leben teilnehmen kann, berücksichtigt das Versorgungsamt ME/CFS nicht mal bei der Vergabe eines Grades der Behinderung.”
So oder so ähnlich berichten viele Erkrankte, die sich an die Regionalgruppe Hamburg des Fatigatio e.V. wenden. Die meisten von ihnen – Erwachsene wie Jugendliche – leben seit Jahren mit einer schweren neuroimmunologischen Erkrankung, ohne angemessene medizinische Versorgung. Die Betroffenen kämpfen täglich damit, die Symptome zu ertragen. Viele verlieren ihre Arbeitsfähigkeit, ihren Ausbildungs- oder Studienplatz sowie ihre sozialen Kontakte.
Ein strukturelles Versagen
Dabei ist Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) weder eine neue noch seltene Krankheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt sie seit 1969 als neurologische Erkrankung. Allein in Deutschland geht eine aktuelle Studie der ME/CFS Research Foundation und Risklayer von 650.000 Betroffenen aus, wobei sich die Zahl durch Corona schätzungsweise verdoppelt hat. Die jährlichen gesamtgesellschaftlichen Kosten von ME/CFS werden auf mehr als 30 Mrd. Euro geschätzt, wobei Post-COVID (ohne ME/CFS-Betroffene) weitere 30 Mrd. an Kosten verursache. In Hamburg wurde laut der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg seit 2018 bei ca. 42.000 Menschen erstmals ME/CFS diagnostiziert und seit 2021 bei 65.000 Post-COVID.
Doch: Es gibt in Hamburg keine spezialisierte Ambulanz. Keine Anlaufstelle, die Diagnostik, Therapie, Beratung und Begleitung aus einer Hand bietet. Gleichzeitig fehlt niedergelassenen Haus- wie auch Fachärzten in der Regel das Fachwissen, die Krankheit zu diagnostizieren und zumindest die Symptome spezifisch zu behandeln – Eine kurative Behandlung für ME/CFS existiert bis heute nicht.
Ein Hoffnungsschimmer: Antrag der CDU
Ein aktueller Antrag der CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft will diesen Zustand endlich ändern – sowohl für ME/CFS als auch Post-COVID und Post-Vac. Die zentralen Forderungen:
- Aufbau eines interdisziplinären Kompetenzzentrums mit biomedizinischem Fokus sowie spezialisierter Ambulanz – unabhängig vom Auslöser der ME/CFS-Erkrankung.
- Regelmäßige Berichte über die Versorgungssituation in Hamburg.
- Informationskampagnen für Gesundheitswesen und Öffentlichkeit
- Fortbildung der Versorgungsämter, Rentenversicherung und des Medizinischen Dienstes
- Gleichstellung in der Beurteilung durch Versorgungsämter – ME/CFS und Post-COVID müssen als schwere somatische Erkrankungen anerkannt werden.
- Integration in medizinische Lehre und gezielte Forschungsförderung.
- Ein Leitfaden für Schulen und Jugendämter
Fatigatio e.V. Hamburg: Wir unterstützen diesen Vorstoß mit Nachdruck
Die Regionalgruppe Hamburg des Fatigatio e.V. begrüßt diesen Antrag ausdrücklich. „Was hier gefordert wird, ist kein Luxus – es ist das absolute Minimum einer menschenwürdigen Versorgung“, betont eine Sprecherin der Gruppe. „Seit Jahren kämpfen wir dafür, dass ME/CFS endlich ernst genommen wird. Der CDU-Antrag ist ein überfälliger Schritt in die richtige Richtung.“
Andere Bundesländer – darunter Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein – sind Hamburg längst voraus. Sie haben spezialisierte Ambulanzen aufgebaut, Forschung angestoßen und Aufklärungskampagnen gestartet. Hamburg dagegen hinkt nicht nur hinterher – es lässt zehntausende Betroffene weiter im Stich.
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte ein Antrag der LINKEN den Senat zum Handeln aufgefordert.
Was jetzt zählt: Überparteiliche Verantwortung
Doch ME/CFS ist keine parteipolitische Frage. Es geht um medizinische Fairness, um Menschenrechte – um konkrete Hilfe für Erkrankte, die oft bis zur völligen Isolation leiden. Daher appelliert die Regionalgruppe Hamburg des Fatigatio e.V. an alle Fraktionen der Bürgerschaft, diesen Antrag mitzutragen und mit Leben zu füllen. Die Zeit der Untätigkeit muss ein Ende haben.
Die Regionalgruppe bietet Betroffenen Austausch, Informationen und Unterstützung. Hamburg muss jetzt handeln.
Mehr Informationen und Kontakt:
Regionalgruppe Hamburg
rg.hamburg@--no-spam--fatigatio.de